Montag, 06.03.2023

Neue Behandlungsmöglichkeit für Herzpatienten an der Klinik für Kardiologie

Wenn das Herz aus dem Takt gerät, sind oft kleine Vernarbungen oder Unebenheiten am Herzmuskelgewebe schuld. An den betroffenen Stellen wird die Weiterleitung der elektrischen Impulse gestört, die dem Herzmuskel seinen Rhythmus vorgeben. Das kann stark beeinträchtigend oder auch lebensbedrohlich sein. So auch bei Alfred Böckenholt. Der 68-jährige aus Telgte leidet an einer schweren koronaren Herzerkrankung und lebt bereits seit mehreren Jahren mit einem fest implantieren Defibrillator, der das Herz mit kleinen Stromschlägen wieder in den richtigen Takt bringt.

 

v.l.n.r.: PD Dr. med. Stephan Zellerhoff, Leiter des Departments für Elektrophysiologie im St. Franziskus-Hospital, sein Stellvertreter Dr. med. Shahram Ramtin, Alfred Böckenholt und Prof. Dr. med. Sebastian Reith, Chefarzt der Klinik für Kardiologie des Franziskus Hospitals, vor der 3D-Herz-Abbildung von Herrn Böckenholt.

Eine deutliche Verbesserung bewirkt in den meisten Fällen eine Ablation der problematischen Gewebestellen. Dabei wird ein Katheter ins Herz eingeführt, über den die Stellen verödet werden, so dass die Reizleitung hier wieder reibungsloser funktioniert. Bereits zweimal wurde eine solche Ablation bei Alfred Böckenholt durchgeführt. Beide Male brachte sie jedoch nur eine kurzfristige Verbesserung der Beschwerden. Als sich der Zustand des Herzens zuletzt weiter verschlechterte und die lebensbedrohliche Rhythmusstörung fast unaufhörlich andauerte, entschlossen sich seine Ärzte der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Elektrophysiologie am St. Franziskus-Hospital Münster, ein neues Verfahren anzuwenden: „Mittels Computer- und Magnetresonanz-Tomografie erstellen wir hier vor Ort Bilder des betroffenen Herzens und schicken sie an unsere Kollegen der Universitätsklinik Bordeaux in Frankreich“, erklärt PD Dr. med. Stephan Zellerhoff, Leiter des Departments für Elektrophysiologie im St. Franziskus-Hospital. „Mit einer dort entwickelten Software, wird daraus dann ein realitätsgetreues 3D-Abbild des kranken Herzens geschaffen, auf dem die problematischen Stellen viel präziser zu lokalisieren sind.“

Anhand der 3D-Rekonstruktion aus Frankreich konnten die Operateure Alfred Böckenholts Herz schon vor der Ablation im November vergangenen Jahres Schicht für Schicht und Gefäß für Gefäß aus allen Winkeln am Bildschirm begutachten. „Wir hatten ein genaues Bild der Situation in seinem Herzen und konnten den minimalinvasiven Eingriff damit noch viel gezielter ausführen“, sagt Dr. Zellerhoff. Ein Gewinn für Operateure und Patienten. Durch die spezielle Vorbereitung ergeben sich zudem eine kürzere Operationszeit und weniger Nebenwirkungen. Das Verfahren brachte Erfolg: „Es geht mir viel besser als nach den ersten Ablationen“, freut sich Alfred Böckenholt. „Ich spüre eine ganz deutliche Verbesserung und vor allem deutlich weniger Auslösungen meines Defibrillators.“ Auch bei den postoperativen Kontrollen und Auswertungen seines Defibrillators wurden bisher keine Auffälligkeiten mehr festgestellt.

„Je gezielter eine Ablation durchgeführt werden kann, desto besser das Ergebnis – das gilt vor allem für die Narbenränder“, erklärt Dr. med. Shahram Ramtin, stellvertretender Leiter des Departments für Elektrophysiologie am St. Franziskus-Hospital Münster. „Deshalb freuen wir uns sehr, dass wir bei den besonders schwierigen Fällen unserer schwerkranken Patienten nun das neue Bildberechnungsverfahren unserer französischen Kollegen in Anspruch nehmen können.“

Die Klinik für Kardiologie, Angiologie und Elektrophysiologie am St. Franziskus-Hospital ist eine von fünf Kliniken in Deutschland, die das in Frankreich entwickelte Verfahren derzeit nutzen. Bei einem Forschungsaufenthalt im Jahr 2013 knüpfte Dr. Zellerhoff in Bordeaux die Kontakte, die zu der deutsch-französischen Zusammenarbeit führten, und von der nun auch schwerkranke Herzpatienten hier in Münster profitieren.