Donnerstag, 10.03.2022

„Ohne die Dialyse wäre ich nicht mehr am Leben“ - Welt-Nierentag am 10. März macht auf unterschätztes Organ aufmerksam

Nierenversagen: Fast genau zwei Jahre ist es nun her, dass diese Diagnose bei Friedrich Wilhelm Diekmann gestellt wurde. Im St. Franziskus-Hospital wurde er sofort an die Dialyse angeschlossen. „Nur weil meine Frau mich an dem Morgen ins Krankenhaus geschickt hat und die Ärzte so schnell reagiert haben, bin ich heute noch hier“, sagt der inzwischen 84-Jährige.

Patient mit Arzt und Pflegende vor Dialysegerät

Eingespieltes Team auf der Dialyse-Station des St. Franziskus-Hospitals: Patient Friedrich Wilhelm Diekmann mit Chefarzt Dr. Martin Baumgärtel und Gesundheits- und Krankenpflegerin Lisa-Marie Lefringhausen.

„Die Niere ist ein lebenswichtiges Organ, das leider oft unterschätzt wird“, bestätigt Dr. Martin Baumgärtel, Chefarzt der 1. Klinik für Innere Medizin am St. Franziskus-Hospital. Über die Bedeutung und Wirkungsweise der Nieren zu informieren, ist Ziel des jährlichen Welt-Nierentags am 10. März.

Die zentrale Aufgabe der Nieren ist die Blutreinigung – rund um die Uhr. So „waschen“ gesunde Nieren täglich 1.800 Liter Blut, was etwa 15 Badewannen-Füllungen entspricht. „Ohne medizinische Behandlung führt ein Komplettausfall der Nieren unweigerlich zum Tod“, erläutert Dr. Martin Baumgärtel, zu dessen Fachgebieten die Nephrologie – die Nierenheilkunde – gehört. Erst in den 1960er Jahren wurde mit der Dialyse eine medizinische Möglichkeit geschaffen, diese Blutreinigung auch außerhalb des Körpers durchzuführen: ein „Organ-Ersatzverfahren“, in dem die Dialyse-Maschine als „künstliche Niere“ fungiert.

Friedrich Wilhelm Diekmann ist einer von etwa 95.000 Menschen in Deutschland, deren Nierenfunktion so schwach ist, dass sie regelmäßig eine Dialysebehandlung benötigen. „Früher konnte ich mir nicht vorstellen, welch positive Wirkung die Dialyse hat“, sagt der Patient, der vorher bereits jahrelang ambulant wegen seiner Nierenprobleme behandelt wurde. Aber schon bald habe er gemerkt, dass es ihm dank der „Blutwäsche“ im Alltag viel besser gehe: „Seither ist mein Lebensmut zurückgekehrt, ich bin viel aktiver und habe endlich wieder Appetit.“ Er habe sogar wieder Lust zu reisen und sei schon mehrfach auf Norderney gewesen. Dort sichere er sich zuerst einen Dialyse-Platz, dann die Ferienwohnung. Aber normalerweise kommt Friedrich Wilhelm Diekmann für seine Behandlung dreimal in der Woche für etwa vier Stunden ins St. Franziskus-Hospital – und hat eine gute Lösung gefunden, diesen Zeitaufwand zu akzeptieren: „Nach 19 Jahren als Rentner habe ich beschlossen, die Dialyse als eine Art neuen Job zu betrachten, der mir ein gutes Leben ermöglicht!“ Gemeinsam mit den Ärzten und Pflegenden auf der Dialyse-Station des St. Franziskus-Hospitals freut er sich nun darauf, dass sein „Arbeitsplatz“ bald in neue, moderne Räumlichkeiten umziehen wird.             

Dass Nierenprobleme wenig bekannt sind und häufig erst spät erkannt werden, liegt daran, dass sie sich oft über einen langen Zeitraum entwickeln und anfangs keine Schmerzen verursachen. „Als Nephrologen können wir das Risiko der Entwicklung einer Nierenkrankheit mit einfachen Untersuchungen beurteilen“, sagt Dr. Baumgärtel. „Dazu gehören regelmäßige Kontrollen der Blutwerte, des Urins und des Blutdrucks.“ Glücklicherweise gibt es inzwischen auch Medikamente, die das Fortschreiten einer bestehenden Nierenschwäche bremsen können. Vorbeugen kann man am besten durch eine gesunde Lebensweise. Dabei spielt besonders die Ernährung eine große Rolle, da alle Giftstoffe, die in den Körper gelangen, über die Nieren ausgeschieden werden müssen.

"Früher war mir gar nicht klar, dass ich Raubbau mit meiner Gesundheit betrieben habe“, erzählt auch Friedrich Wilhelm Diekmann. „Inzwischen weiß ich aber, dass ich viel zu viele Schmerzmittel genommen habe.“ Vor allem, um sein liebstes Hobby ausführen zu können: das Wandern. „Da ich mit sechs Jahren ich eine Hüftgelenksentzündung hatte, war ich wegen meiner Beine schon früh in medizinischer Behandlung und wurde fünfmal an der Hüfte operiert, so dass das Laufen oft schmerzhaft für mich war“, erläutert er. Um trotzdem die Höhenwege in den Alpen erklimmen zu können, habe er bereits vor den Wanderungen Schmerztabletten genommen – hoch dosiert und häufig, jahrelang. „Das hat die Nieren sicherlich extrem belastet“, bestätigt Dr. Baumgärtel. „Mit Aktionen wie dem Weltnierentag möchten wir dazu beitragen, mehr Aufmerksamkeit auf dieses lebenswichtige Organ zu lenken.“ Laut der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie leben in Deutschland aktuell etwa neun Millionen Menschen mit einer chronischen Nierenerkrankung – die meisten davon, ohne es zu wissen.

 

Hintergrund-Informationen:

Weltweit hat bereits jeder zehnte Erwachsene eine chronische Nierenerkrankung (CKD), die unbehandelt tödlich verläuft – Tendenz steigend. In Deutschland ist eine chronische Nierenerkrankung häufig eine Folge von Diabetes oder von jahrelang schlecht eingestelltem Bluthochdruck; beide Krankheiten schädigen die Nieren langfristig. Auch Erbkrankheiten oder Autoimmunerkrankungen können zu Nierenversagen führen.

Der Weltnierentag wurde 2006 ins Leben gerufen, um mehr Aufmerksamkeit für die Nierengesundheit zu schaffen und über die Vermeidung und Behandlung von Nierenkrankheiten zu informieren (https://www.worldkidneyday.org/). In Deutschland wird der Weltnierentag von der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie (www.dgfn.eu) und der Deutschen Nierenstiftung (https://www.nierenstiftung.de/) koordiniert, deren Webseiten vielfältige Informationen für Patient:innen und Fachleute rund um das Thema Niere bieten.

Die Dialyse rettet täglich Leben: Ohne diese „Blutwäsche“ würden die meisten Menschen beim Versagen ihrer Nieren innerhalb von vier Wochen sterben. Grundsätzlich gibt es zwei Wege für die künstliche Blutreinigung: Bei der bekannteren Hämodialyse wird das Blut in eine Dialyse-Maschine geleitet und fließt danach entgiftet in den Körper zurück. Bei der Peritonealdialyse wird das eigene Bauchfell zum Entgiften genutzt. Für beide Dialyse-Verfahren brauchen die Patient:innen viel Disziplin, denn sie müssen Zeiten einhalten, Medikamente einnehmen und Diätvorschriften genau befolgen. Die meisten von ihnen stehen auf Wartelisten für ein Spender-Organ, doch die Wartezeit für eine Nierentransplantation beträgt aktuell etwa sieben Jahre.