Montag, 20.07.2020

„Wegen Corona habe ich überlebt“: 79-Jährige nach „Nebendiagnose“ bei Covid-19-Verdacht von Speiseröhrenkrebs geheilt

Der Verdacht auf eine Covid-Infektion hat mir wahrscheinlich das Leben gerettet“, sagt Wilhelmine Eden. Mitte März war sie mit typischen Corona-Symptomen in ihrer Heimatstadt Nordhorn ins Krankenhaus eingeliefert und umfassend untersucht worden. Dabei kam es zu einer lebensrettenden „Nebendiagnose“: Bei der 79-Jährigen wurde ein Speiseröhrenkrebs im Frühstadium festgestellt, der bereits Mitte Mai in einer aufwändigen Operation im St. Franziskus-Hospital Münster entfernt werden konnte. „Die frühe Diagnose hat viel dazu beigetragen, dass Frau Eden jetzt wieder Mitten im Leben steht“, freuen sich Dr. med. Claus Wagner, der behandelnde Oberarzt der Klinik für Allgemein-, Visceral- und Kinderchirurgie des St. Franziskus-Hospitals, und der Chefarzt der Klinik, Prof. Dr. med. Matthias Brüwer.

Geheilt vom Speiseröhrenkrebs, der dank Corona-Untersuchungen früh erkannt wurde: Wilhelmine Eden (Mitte) mit Oberarzt Dr. med. Claus Wagner, Facharzt für Chirurgie und Visceralchirurgie (li.), und Prof. Dr. med. Matthias Brüwer, Chefarzt der Klinik Allgemein-, Visceral- und Kinderchirurgie des St. Franziskus-Hospitals und Leiter des interdisziplinären Zentrums für Darmerkrankungen.

Es stand nicht gut um Wilhelmine Eden, als sie mit Atemproblemen, Fieber und Durchfällen Mitte März ins Krankenhaus in Nordhorn eingeliefert wurde. „Wegen des Verdachts auf eine Covid-Infektion wurde ich sofort auf der Isolierstation untergebracht“, erzählt die 79-Jährige, „obwohl die Corona-Test-Abstriche negativ waren.“ Im Rahmen der umfassenden Diagnostik erhielt sie nicht nur Magen- und Darmspiegelungen, sondern wurde auch im Computertomografen (CT) untersucht. Bei Corona-Verdacht liegt dabei der zentrale Fokus der Ärzte eigentlich auf dem Zustand der Lunge. Doch brachte diese Untersuchung eine für Wilhelmine Eden lebensrettende „Nebendiagnose“, denn die Aufnahmen zeigten Speiseröhrenkrebs in einem frühen Stadium.

Als ihr der Krebsbefund mitgeteilt wurde, war die Nordhornerin nicht wirklich überrascht. „Seit meiner ersten Schwangerschaft litt ich unter Sodbrennen und Magenproblemen – und das ist 55 Jahre her“, erläutert sie. „Ich habe immer befürchtet, dass daraus einmal mehr entsteht.“ Für die weitere Behandlung wurde Wilhelmine Eden an die Klinik für Allgemein-, Visceral- und Kinderchirurgie des St. Franziskus-Hospitals Münster überwiesen. Hier wurde ihr in einer fast sechsstündigen Operation ein Großteil der Speiseröhre entfernt. Der verbleibende Rest der Speiseröhre wurde wieder mit dem Magen verbunden, der in einem vorangehenden Operationsschritt zu einem Schlauch umgeformt worden war. „Bei Frau Eden kam noch erschwerend hinzu, dass sie unter einem Thoraxmagen litt“, erläutert Oberarzt Dr. med. Claus Wagner, Facharzt für Chirurgie und Visceralchirurgie, der die aufwändige Operation durchführte: Aufgrund eines lange unbehandelten Zwerchfellbruchs war der Magen der 79-Jährigen vom Bauch- in den Brustraum gewandert und musste zu Beginn der Operation zuerst einmal zurückverlegt werden.  

„Diese Rückverlegung des Magens und die Umformung zu einem Magenschlauch führen wir minimal-invasiv durch“, sagt Prof. Dr. med. Matthias Brüwer, der Chefarzt der Klinik. „Die Entfernung der erkrankten Speiseröhre erfolgt dann durch einen kleinen seitlichen Zugang zum Brustraum.“ Bereits heute, nur sieben Wochen nach dem großen Eingriff, sind von außen kaum noch Spuren zu sehen. Auch sonst fühlt sich Wilhelmine Eden wieder fit. „Das Fahrradfahren klappt schon wieder super“, berichtet sie, „nur bin ich manchmal noch etwas kurzatmig.“ Das allerdings liegt wohl eher an der durchgestandenen Corona-Infektion, die erst im Nachhinein durch Antikörper im Blut nachgewiesen wurde. Was der 79-Jährigen noch etwas zu schaffen macht, ist die Anpassung der Ernährung und Verdauung. „Nach dieser Operation muss sich das gesamte Verdauungssystem umstellen“, erläutert Dr. Wagner, „und das kann bis zu einem Jahr dauern.“ Betroffene Patientinnen und Patienten können nur noch kleine Mahlzeiten zu sich nehmen und leiden in den ersten Monaten häufiger unter Durchfall. „Hier ist eine gute hausärztliche und gastroenterologische Folgeversorgung mit entsprechenden Nach- und Vorsorge-Untersuchungen wichtig“, betont Dr. Wagner. Das nimmt Wilhelmine Eden gerne in Kauf. „Wichtig ist, dass ich wieder gesund bin“, sagt die Nordhornerin. Mit dem ihr eigenen Optimismus blickt sie zuversichtlich in die Zukunft und freut sich schon darauf, im nächsten März ihren runden Geburtstag zu feiern – dann hoffentlich ohne Corona-bedingte Einschränkungen.