Donnerstag, 17.06.2021

„Weniger als ein Kilo Brot und ein halbes Pfund Butter“ - Spitzensportler Linas Haenlein aus Münster kam als Frühchen zur Welt

Linas Haenlein aus Münster ist 19 Jahre alt und hat gerade sein Sportabitur abgelegt. Für die kommende Zeit plant er ein Auslandsjahr und will dann gerne Lehrer werden. So weit, so normal. Doch Linas hat noch viel mehr auf dem Kasten: Als Wasserspringer zeigte er in den letzten Jahren immer wieder bundes- und landesweit Spitzenergebnisse im Leistungssport. Mit seinem außergewöhnlichen Talent schaffte er es in den Kader der Jugendnationalmannschaft

Noch viel zu klein für die Babyschale ist Linas, hier mit seiner Mutter Piroschka, bei seiner ersten Autofahrt aus dem Krankenhaus nach Hause

Oliver Krebs, Piroschka und Linas Haenlein freuten sich sehr über das Wiedersehen mit den Chefärzten Dr. Thomas Frank und Dr. Michael Böswald – leider auf Corona-Abstand. Linas nutzte die Gelegenheit, mit Dr. Frank noch einmal die Frühchenstation zu besichtigen, auf der er seine ersten Lebenswochen verbrachte.

Ebenso außergewöhnlich war auch sein Start ins Leben, denn Linas kam als Frühchen zur Welt. Seine Mutter Piroschka Haenlein erinnert sich an die Zeit vor der Geburt ihres ersten Kindes: „Linas und mir ging es in den ersten Monaten richtig gut, bis meine Ärztin in der 29. Schwangerschaftswoche feststellte, dass mein Sohn für sein Alter zu klein sei, weil seine Versorgung im Mutterleib beeinträchtigt war.“ Umgehend wurde sie für einige Tage zur Beobachtung im St. Franziskus-Hospital aufgenommen und auch nach der Entlassung täglich bei ihrer Ärztin überwacht, damit das Baby so lange wie möglich im Mutterleib verbleiben und wachsen konnte. Doch im Lauf der 32. Woche der Schwangerschaft ging es dem Kind immer schlechter, die Plazenta arbeitete nicht mehr ausreichend. So musste Linas kurzfristig per Kaiserschnitt entbunden werden, rund acht Wochen vor dem errechneten Termin. Er wog 1.180 Gramm, oder, wie sein Opa formulierte „weniger als ein Kilo Brot und ein halbes Pfund Butter“.

Seine Eltern Oliver Krebs und Piroschka Haenlein waren nach den bangen letzten Schwangerschaftswochen einfach nur erleichtert, die Mutter erinnert sich: „Wir dachten nur noch: Linas ist auf der Welt, nun kann ihm nichts mehr passieren.“ Die erste Zeit verbrachte er im Inkubator, wo er wegen frühchentypischer Symptome behandelt werden musste. Gerne schaute seine frisch gebackene Mutter durch ihr Zimmerfenster auf der Wöchnerinnenstation hoch auf die Etage, wo ihr Baby lag und gut versorgt wurde - das beruhigte sie. Als Piroschka Haenlein dann ein paar Tage nach der Geburt ohne ihr Baby nach Hause entlassen wurde, fühlte sich das seltsam an. In den folgenden Wochen waren sie und ihr Mann mehrmals täglich bei ihrem Baby. „Uns Eltern hat es sehr geholfen, dass wir Linas rund um die Uhr auf der Intensivstation besuchen konnten. Einmal sind wir nach einem Kinobesuch spontan mitten in der Nacht noch im Franziskus vorbeigefahren, um unseren Sohn noch einmal zu sehen, das hat uns sehr gut getan“, erinnern sich Papa Oliver Krebs und Mama Piroschka Haenlein.

„Linas war von Anfang an ein quirliger Junge, sportlich, aktiv und immer in Bewegung“, betonen die Eltern. Besonders angetan hatte es ihm das Wasserspringen: Ab dem 7. Lebensjahr trainierte er im Verein. Erfolge sammelte das Ausnahmetalent reichlich: Mit 13 erreichte er die Kadernorm des Deutschen Schwimm-Verbands, er wurde zwei Mal Deutscher Jugendmeister und sicherte sich gleich mehrere Titel als NRW-Meister. Heute trainiert Linas selbst Kinder und Jugendliche beim Wasserspringen und hält sich außerdem auch mit Tanzen fit.

Geschichten, wie die von Linas, hört Dr. Thomas Frank, Chefarzt der Klinik für Neonatologie und Kinderintensivmedizin am St. Franziskus-Hospital Münster, wieder gerne: „Für uns ist es immer eine tolle Erfahrung, nach den Wochen, die man gemeinsam verbracht hat, den Erfolg unserer Arbeit in den erwachsenen Kindern zu sehen. Wir freuen uns immer zu erfahren, wie sich ihr Leben und das der Familien entwickelt hat. Und auch für ehemaligen Patienten ist ein Besuch auf der Intensivstation für Frühgeborene häufig bereichernd, weil sie so auch nachvollziehen können, welche Sorgen und Gedanken die Eltern seinerzeit hatten.“

Was den Eltern von Linas von den Wochen auf der Frühchenstation besonders im Gedächtnis geblieben ist? Die Hygieneregeln in der Coronazeit haben bei ihnen die Erinnerungen an die Wochen auf der Neugeborenen-Intensivstation zurückgebracht: “Der Geruch des Hände-Desinfektionsmittels war uns so vertraut, dass bei den ersten Malen Händedesinfektion zu Pandemiebeginn die Gedanken und Gefühle aus der Zeit auf der Frühchenstation direkt wieder da waren.“ Doch vor allem die Aussage des damaligen Chefarztes Dr. Ulrich Flotmann zur Entwicklung von Frühchen Linas klingt bei den Eltern bis heute nach und hat sich schlussendlich zur Freude aller bewahrheitet: „Was Linas angeht, habe ich ein gutes Gefühl.“

Ein Video zur Geschichte der Familie finden Sie hier: https://youtu.be/kIYQuyqt0ZM